Der Begriff "Kirche"

Mit "Kirche" werden ganz unterschiedliche Vorstellungen verbunden. Nachfolgend soll genauer erläutert werden, was bei zukunftspilgern.de darunter verstanden wird.
 

Die Ursprungsbedeutung von "Kirche"

Das Wort "Kirche" leitet sich vom griechischen Begriff "kyriakón" ab. Es bedeutet "Gotteshaus" und bezeichnet einen gottesdienstlichen Versammlungsort und die institutionelle Organisationsform. Daraus leitet sich bis heute die Formulierung ab: "Ich gehe in die Kirche". Man meint damit: "Ich gehe in ein Gebäude und nehme an einer kirchlichen Veranstaltung teil."

Weiter zurück gefragt, kommt der Begriff "kyriakón" von "kyrios". Das ist der griechische Begriff für "Herr" und bezieht sich auf Jesus Christus, den Auferstandenen. Demnach besteht "Kirche" aus denen, die "zum HERRN gehören". Nach diesem Verständnis ist "Kirche" eine Gemeinschaft, die ihren Ursprung von Christus, dem Herrn, herleitet und auf ihn bezogen ist.
 

Der Begriff "Gemeinde"

Weil der deutsche Begriff "Kirche" anders als das englische "church" sehr stark das institutionelle Element betont, findet man alternativ zu "Kirche" häufig die Bezeichnung "Gemeinde". Diese betont stärker den menschlichen Beziehungsaspekt einer Gemeinschaft. Häufig wird unter dem Begriff "Gemeinde" aber auch die "politische Gemeinde" verstanden, was zu Missverständnissen führen kann.

Das Wort "Gemeinde" geht auf das griechische Wort "ekklēsía" zurück. Direkt übersetzt bedeutet es "Herausgerufene". Üblicherweise wird darunter ein "aus der Welt" Herausgerufen-Sein verstanden. Dieses führt zu einer Art fromm begründeter Absonderung von der Umwelt. Manchmal wird dieses Verständnis darüber hinaus fälschlicherweise mit dem Wort "heilig" im Sinne von "für Gott abgesondert" kombiniert.

Ursprünglich ist "ekklēsía" jedoch ein säkular-politischer Begriff und wurde im antiken Griechenland geprägt. Die Ekklesia war eine städtische Volksversammlung, in der die Teilnehmenden demokratisch zum Wohle des Gemeinwesens Entscheidungen getroffen haben. "Herausgerufen" bedeutet in diesem Kontext: "Aus der anonymen Masse heraus in namentliche Verantwortung zum Wohle aller" gerufen zu sein. Das ist eine ganz andere Akzentuierung als die spätere kirchliche Verwendung des Begriffs.
 

Das Vorbild der Synagoge

Weil sich das Christentum im Kontext und auf der Grundlage des Judentums gebildet hat, wurden in der Anfangszeit viele Gewohnheiten von dort übernommen. Im Judentum wird zwischen Tempel und Synagoge unterschieden. Als babylonische Eroberer den Tempel im 6. Jh. v. Chr. zerstörten und viele der Israeliten in die Diaspora zerstreut wurden, bildeten sich dezentral organisierte Synagogengemeinschaften. In den Synagogenhäusern fanden gottesdienstliche Veranstaltungen und weitere Zusammenkünfte statt.

Nach christlichem Verständnis wurde der kultische Tempel-Opferdienst durch das Werk von Jesus Christus beendet. Von nun an galt der Leib der Gläubigen und ihre Gemeinschaft in Christus als neuer Tempel, das heißt als Wohnort Gottes in dieser Welt. Vor diesem Hintergrund ist es seltsam, dass es im Verlauf der Kirchengeschichte immer wieder Bestrebungen gegeben hat, ein kirchliches Gebäude als Tempel Gottes zu verstehen. Das ist ein zentrales Beispiel dafür, wie viel im "Christentum" nicht mehr oder noch nicht den Aussagen des Neuen Testaments entspricht.
 

Kirche als Fragezeichen

Trotz all der Missverständnisse und Fehlinterpretationen scheint der Begriff "Kirche" nach wie vor die geeignetste Bezeichnung zu sein, um die organisierte spirituell-soziale Wir-Gestalt der christlichen Gläubigen zu bezeichnen. Um aber deutlich zu machen, dass wir den Begriff "Kirche" nicht nahtlos und naiv mit all den Verzerrungen und Verdrehungen verwenden, schreiben wir an manchen Stellen ein Fragezeichen davor. Das erinnert beim Lesen daran, dass wir es aktuell beim Thema Kirche eher mit einer Frage zu tun, nämlich: Was ist ein stimmiges Verständnis von ?Kirche und wie sieht ihre zukünftige Gestalt aus?