Anleitung: Drafts

Drafts sind Entwürfe. Sie sind Ent-Werfungen, gedankliche Herauswürfe nach vorne - dem Kommenden entgegen. Indem wir etwas entwerfen, öffnen wir uns für mögliche Zukünfte und halten nach ihnen Ausschau. Entwürfe performieren unsere Vorstellungswelt und helfen, neue Deutungsmuster zu erkunden. Das Interessante dabei: Gerade dadurch, dass wir spielerisch das Mögliche erdenken, entstehen mehr Handlungsoptionen für die Gegenwart. Wir beginnen, die Gegenwart aus der Zukunft heraus zu gestalten. Deswegen gilt: Entwürfe sind keine abstrakt leblosen Gebilde. Gute Entwürfe wirken zurück in das Vorhandene.
 

Zukunft als Schicksal?

Leider sind auch christliche Milieus nicht selten von einer Schicksalsgläubigkeit befallen. Man spricht davon, dass "Gott einen Plan hätte" und meint, dass die Zukunft "vor aller Welt" vorherbestimmt sei. Die Aufgabe bestünde dann darin, diese bereits fixierte Zukunft herauszufinden und sich in sie einzufügen. Häufig gilt diese Lebenseinstellung als "geistlich" und "fest im Glauben". Tatsächlich wird diese Art von Fatalismus aber zu Unrecht christlich genannt. 
 

Zukunft in Mehrzahl

zukunftspilgern.de gründet sich in dem jüdischen Menschenbild, dass wir aktive Mitgestalter:innen dieser Welt sind. Die alttestamentlichen Propheten waren keine Wahrsager, die eine unausweichliche Zukunft prognostiziert haben. Stattdessen haben sie oftmals eine bedrohliche Zukunftsvariante verkündet, damit es in der Gegenwart zum Umdenken führt und die angekündigte Zukunft nicht eintritt. Auch in heutiger säkularer Zukunftsforschung wird deswegen von Zukunft in Mehrzahl gesprochen. Es geht um diverse potenzielle Zukünfte mit vielfachen Varianten. Dadurch bleibt immer deutlich, dass es an uns liegt, welche der möglichen Zukünfte Gestalt gewinnen wird.
 

Modelle von Zukünften

Zukünfte kündigen sich an. In den aller seltensten Fälle brechen sie ohne jegliche Vorankündigung über uns herein. Auch die Rede vom "disruptiven Wandel" verschleiert häufig, dass schlichtweg nur die ersten Anzeichen einer grundlegenden Veränderung übersehen wurden. Im Forschungsgebiet der Szenarienplanung gibt es verschiedene Verfahrenswege, um über mögliche Zukünfte zu reflektieren. Die wichtigsten seien hier genannt:

  • Extrapolation: Herbei werden vorhandene Trends exponentiell fortgeschrieben und als Prognose hochgerechnet.
  • S-Kurven-Verlauf: Bei diesem Ansatz geht man davon aus, dass eine bestimmte Entwicklung sich abschwächt, weil im Zielbereich eine Sättigung erreicht ist.
  • Vorlauf-Muster: In diesem Fall wird ein bereits erfolgreiches Projekt untersucht und nach den auch in andere Kontexte übertragbaren Faktoren gefragt, um dieselben Ergebnisse zu erzielen.
  • Historische Analogien: Dieses ist der Blick zurück in die Geschichte. Es ist die Suche nach Typologien, die sich auch auf die Gegenwart anwenden lassen.
  • Zyklen und Wellen: Diese Ansicht geht davon aus, dass dich Entwicklungen in Pendelbewegungen ereignen und in geänderter Gestalt wiederholen.
  • Diskontinuitäten: Das ist der Versuch einzukalkulieren, dass alles auch ganz anders kommen könnte.
  • Kollektive Intuition: Ein solcher Angangsweg basiert auf der "Weisheit der vielen"-Annahme. Gemeint ist, dass viele Stimmen in ihrem Mittelwert eine erstaunliche Deutungs- und Voraussagekraft besitzen.
  • Eingebung: Auch diese Art von Zukunftsoffenbarung ist denkbar. Allerdings lässt sie sich erst im Nachherein verifizieren.
     

Interne und öffentliche Drafts

Auf zukunftspilgern.de sammeln wir jede Art von Material, das etwas über christliche Spiritualität und Kirche von Morgen aussagen. Eigene Gedanken werden in Notes festgehalten und externe Materialien in den Doc-Pool hochgeladen. Mit Snapshots fordern wir uns gegenseitig heraus, eine vorläufige persönliche Antwort auf eine Ausgangs-Quest zu formulieren. Diese verschiedenen Perspektiven fassen wir in einem "Internen Draft" zusammen. Nach einem inhaltlichen Feinschliff kann dieser vorläufige Draft öffentlich gemacht werden. Öffentliche Drafts sind als Kolumne, als Blog-Artikel oder als kleiner Essay verfasst. Sie eignen sich zur Verlinkung in anderen sozialen Medien.