Lab-Doku

Beschreibung

Das erste inhaltliche Lab hat sich mit einer äußerst umfangreichen Frage beschäftigt. Dieses Themenfeld hat sich aus einer vorausgehenden Umfrage als besonders relevant herauskristallisiert. Die Frage lautet:

"Was ist die Meta-Story des Evangeliums?"

Es ging um den "roten Faden", das übergeordnete Thema oder die Haupt-Metapher des Evangeliums. Dieses Hintergrundmuster wirkt sich auf alles aus, was wir im christlichen Feld unternehmen: auf unser Selbst-, Gemeinde- und Bibelverständnis, auf die inhaltliche Linie, die wir predigen und lehren, auf unsere Wahrnehmung von gesellschaftlichen Entwicklungen und ihre Deutungen und letztendlich auch auf unser Gottesverständnis.

Folgende Phasen wurden bei unser dialogischen Denk-Pilgerreise durchlaufen:

Loop 01 - Erste Berührungspunkte mit der Meta-Story
Zunächst haben wir uns gegenseitig erzählt, mit welcher Darstellung des Evangeliums wir zum Glauben gekommen sind. Viele kennen die "Vier geistlichen Gesetze" oder die Skizze vom Abgrund, der durch das Kreuz überbrückt wird. Oder das Bild vom Thron, auf dem das Ego sitzt und welches für Gott Platz machen sollte. Auch wenn manche Bilder ziemlich einfach sind, waren sie doch hilfreich, um eine erste Orientierung im Glauben zu bekommen. Als Erweiterungen zu dieser Kurzfassung leuchteten auch schon einzelne Metapher auf: das Lied in der Schöpfung, die Sehnsucht nach dem guten Land, das Wandern in der Wüste und das Befreiungshandeln Gottes.

Loop 02 - Biografische Vertiefung
Als Zweites sind wir tiefer in unsere biografischen Prägungen eingestiegen. Wir haben uns gegenseitig darüber ausgetauscht, wie sich die Anfangsbilder im Laufe der Zeit gewandelt haben. Welche biblischen Geschichten waren prägend? Das Gleichnis vom Verlorenen Sohn? Die Erzählung vom Exodus aus Ägypten? Die Vorstellung von einer fortlaufenden Geschichte? Darüber hinaus kamen unterschiedlich inhaltliche Linien zur Sprache:

  • Das große Panorama-Epos "Herr der Ringe" und die vielen Bezüge zur Evangeliums-Erzählung.
  • Die Zahlenmystik von Friedrich Weinreb und der Leitgedanke, dass zum Einssein auch ein Einswerden gehört.
  • Die Überlegung, ob der "Mythos einer Heldenreise" für die Erzählung der Meta-Story hilfreich sein könnte.
  • Der Gedanke, dass das Kreuz als eine Art "Riss in unserer Welt" zu verstehen sei und dass durch diesen Spalt in der Dunkelheit des Leidens das Licht Gottes fällt.

Loop 03 - Weitung des Horizonts / Weitere Varianten
In einer dritten Runde - als es konkreter werden sollte - wurden einzelne Problemanzeigen mit kulturellen Prägungen deutlicher. Auch wurde erkennbarer, wie schwierig es ist, die "große Erzählung" auf eine Weise erzählen zu können, sodass sie weder simplifiziert noch mit drastischer Überlänge präsentiert wird.

  • Können wir überhaupt einen übergeordneten Bogen aus den biblischen Dokumenten ableiten? Oder ist das eine irreführende Konstruktion und verzerrende Vereinfachung? Gehört zur Geschichte Gottes nicht gerade dazu, dass sie fragmentarisch und segmenthaft geschieht? Nehmen wir unzulässigerweise Gottes Rolle ein, wenn wir versuchen, "den Überblick" zu gewinnen?
  • Welche theologischen Vorentscheidungen braucht es, um die Meta-Story erzählen zu können? Haben wir es mit einer progressiven Offenbarung zu tun? Ist das Christus-Ereignis von Kreuz und Auferstehung die Mitte der Geschichte oder verweist es auch ein noch fulminanteres Ende? Ist das Ende der "neuen Welt" eine Wiederherstellung des Paradieses oder hat es eine qualitative Weiterentwicklung gegeben? Inwieweit geht es bei all dem um einen pädagogischen Lernweg und um eine komplexe Bewusstseinsentwicklung der Menschheit?
  • Wie stark ist unsere Reflexion in Bezug auf die Meta-Story von einer WEIRD-Mentalität beeinflusst? WEIRD ist ein Akronym aus folgenden Begriffen: western (westlich), educated (gebildet), industrialized (industrialisiert), rich (wohlhabend, reich) und democratic (demokratisch). Wie stark haben sich über die Jahrhunderte kirchliche Einflüsse so stark auf unseren kulturellen Kontext ausgewirkt? Hängt damit unsere religiöse Schuldfixierung zusammen?
  • Lässt sich die Meta-Story überhaupt als eine abstrakt allgemeingültige Erzählung formulieren? Oder lässt sich das Evangelium immer nur biografisch als Betroffene:r erzählen? Benötigt die Meta-Story gar eine persönliche Betroffenheit? Wird sie möglicherweise sogar nur lebendig, indem ich Teil der großen Geschichte geworden bin?
  • Ebenso wurde deutlich: Wie die Meta-Story erzählt wird, hängt entscheidend von dem Kontext ab, in dem sie erzählt wird. Je nachdem vor welcher Gruppe oder zu welcher Einzelperson ich spreche, müssen verschiedene Aspekte hervorgehoben und unterschiedliche Sprachbilder verwendet werden. Das Evangelium moduliert in seiner sprachlichen Gestalt. Nur so entsteht Kommunikation.

Loop 04 - Konkretionen und Abschluss
Als Viertes haben wir uns daran gemacht, konkrete Versionen der Meta-Story zu formulieren. Weil wir es bei allem mit Entwürfen zu tun haben - wir nennen es Snapshots - befinden sich diese Darstellungen nicht öffentlich auf der Website, sondern nur im intern-offenen Bereich. Die einzelnen Versionen der Meta-Story sind Zwischenergebnisse auf unserer gedanklichen und sprachlichen Reise. Alles ist unfertig und vorläufig. Aber genau das gehört ja zu einer gedanklichen Reise dazu, nämlich, dass der Weg weitergeht.

Zur Erläuterung: Das Ziel eines solchen Themen-Labs besteht in erster Linie darin, sich selbst mit anderen in Überlegungs-, Reflexions- und Entwicklungsprozesse zu begeben. Um konzentriert an den Inhalten dranzubleiben, fordern wir uns gegenseitig heraus, zum Abschluss eine Konkretion zu formulieren.

Falls du Interesse hast, die verschiedenen Meta-Story-Versionen und zugehörigen Notizen und Dokumente zu lesen, erstelle dir gerne einen Account auf der Website:

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Evangelium Lab-Doku Meta-Story